Frömmigkeit IV
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Wer die Geschichte der Menschheit kennt, weiß, wie oft man den von Gott gewählten Mitteln einen Altar baute, anstatt dem, der sie wählte. Wie häufig wurde später, nach erlebter Gotteshilfe, der Sache weit mehr Bewunderung, Anbetung, Hingabe und Dienst geweiht, als dem Herrn, der die Sache zum Heil gegeben hatte. Man verehrte das Heilige und nicht den Heiligen, man pflegte Kult mit der Sache, anstatt Anbetung der Person. Man braucht nur an Russland zu denken. Ein Land voller Tempel und Heiligtümer, das eine schöner, prächtiger und majestätischer als das andere, und doch vielfach ein Volk ohne bewusste und erlebte Gegenwart des Herrn. Auf Schritt und Tritt sieht man Kreuze über Kreuze, auf allen Kirchentürmen und Kanzeln, auf der Brust jedes Priesters und auf dem Herzen jedes Rechtgläubigen, und doch größtenteils ein Volk ohne den Gekreuzigten und ohne jenes Leben bewusster Gottesgemeinschaft, das aus dem lebendigen Umgang mit Christus als dem Auferstandenen fließt. In den Kirchen und Heiligtümern zahllose Altäre, mit Gold und Purpur, mit Perlen und Edelsteinen geschmückt, und doch fehlte dem Volk vielfach der offene Zutritt zu dem Gnadenstuhl Gottes und das Evangelium Jesu Christi zur Genesung seiner müden und kranken Seele.
Zitat-Nr: 1860; Quelle: 44;
Hätte man das tiefer erfasst, es gäbe nicht so viel jene tote Orthodoxie auf den verschiedenen Gebieten des geistlichen Lebens, die zwar Jahrhunderte hindurch Kult mit der heiligen Sache treibt, aber die wahre Anbetung und die Hingabe an den Herrn selbst nicht kennt und ohne Umgang mit Gott lebt. Man ist zwar groß in der Pflege des Tempels, aber unendlich arm in der Gemeinschaft mit dem Herrn des Tempels. Man hält zwar fest am Bekenntnis zu Gott, aber ist ohne jegliches Erleben mit Gott. Man verteidigt stark und zäh die heilige Tradition, aber lebt ohne göttliche Offenbarung, man schützt das heilige Buch und verleugnet das lebendige Wort.
Zitat-Nr: 1861; Quelle: 44;
Zwar kann jede geheiligte Symbolik für das religiöse Leben von unschätzbarem Werte sein, solange sie nur Dolmetscherin der göttlichen Offenbarung ist. Aber sobald sie an Stelle derselben oder sogar an die Stelle von Gott selbst tritt, wird sie zum christlich verbrämten Götzendienst, in dem der Mensch in der Form einer rein naturhaften Frömmigkeit seine Leidenschaft auslebt.
Zitat-Nr: 1923; Quelle: 46;