Frömmigkeit I
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Prophetenwege sind immer einsame Wege. Hing auch das Volk an Jesu Lippen, atmeten auch die Mühseligen und Beladenen auf unter seiner Botschaft, im Herzen des obersten Volksrates hatte man nur Verachtung gegen den Sohn der Maria von Nazareth. Jesus war zu wenig ein Mann der Frömmigkeit jener Tage. Er entsprach zu wenig den Wünschen der damals herrschenden Geistesrichtung … Jesus band das Sehnen und das erwachte Gewissen des Volkes nicht an alte Traditionen, sondern riss jene Zäune ein, die falsche Frömmigkeit im Lauf der Jahrhunderte zwischen Gott und Volk aufgerichtet hatte … Denn Jesus wusste, dass erst da im Menschen das Reich Gottes beginnen kann, wo sich dem Menschen die Lebenskräfte des Reiches Gottes zuvor haben mitteilen können. Solch eine Jesusmission hat jedoch nie einer gesetzlichen und erstorbenen Orthodoxie gefallen. Diese legte noch immer den Schwerpunkt des Reiches Gottes in die Leistung des Menschen für Gott und nicht in das Wirken Gottes im Menschen.
Zitat-Nr: 1040; Quelle: 2; Matthäus 16,21.22
Noch nie ist ein Heiliger gerichtet worden, wo nicht die öffentliche Meinung unter der Überzeugung gestanden hätte, es gelte, einen Verführer unschädlich zu machen, damit nicht durch ihn das ganze Volk verderbe.
Zitat-Nr: 1046; Quelle: 2; Matthäus 16,21.22
Man kann (wie Ahab) viel von Gott gesehen haben und doch wenig von Gott ergriffen sein. Das Schauen Gottes muss zum Erleben werden, wenn Gott im Leben des Menschen eine Macht werden soll. Alles Wissen über Gott ist noch nicht jene Gemeinschaft mit Gott, welche allein ein menschliches Leben umgestaltet und göttlich adelt.
Zitat-Nr: 1088; Quelle: 3; 1.Könige 19,9-18
So widerspruchsvoll es auch klingen mag, aber bei all unserem Christentum haben wir vielfach doch Christus verloren. Anstatt Christus zu bezeugen, verteidigen wir höchstens noch eine paulinische Christologie, die uns aber zu einer abstrakten Wissenschaft geworden ist. Dem Geiste Jesu Christi stehen wir jedoch vielfach sowohl im innerlichen Leben, als auch im praktischen Dienst völlig fern. Höchstens haben wir ihn doch neben unserem Leben als Reserve für die Zukunft und die Ewigkeit. Von Gott haben wir uns in den christlichen Gottesdienst und in die Pflege des christlichen Kultus und in die Vielgeschäftigkeit christlicher Liebestätigkeit gerettet. Sie sind nicht mehr die natürliche Frucht unseres Umganges mit Gott, sondern das Gewand unserer Frömmigkeit, mit dem wir unsere innere Geistesarmut zu verdecken suchen.
Zitat-Nr: 1113; Quelle: 4; Offenbarung 2,17