Falsche Propheten II
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Die seelischen Konflikte Jeremias mit dem falschen Prophetentum seiner Tage … waren oft mit die schwersten, die er als Dolmetscher der empfangenen Aussprüche Gottes zu tragen hatte. Und sie mussten umso schwerer sein, je mehr der Gegenprophet in seinem persönlichen Charakter, in seiner Liebe zum Volk, in seiner subjektiven Wahrhaftigkeit und mit seinem angeblichen Wort den Eindruck eines wahren Propheten erweckte. Waren es religiöse Schwärmer, offenbare Scharlatane, berauschte Schwätzer auf jedem Marktplatz, so war deren Prophezeien oder Spotten oder deren Feindschaft weniger schwer zu ertragen. Die tiefsten Leiden eines Propheten beginnen immer erst dann, wenn sie von Persönlichkeiten ausgehen, die leicht auch seine nächsten Freunde sein könnten. Was lag doch für ein tiefer Gottesschmerz sechs Jahrhunderte später in dem Jesuswort an einen seiner Jünger: „Judas, mit einem Kuss verrätst du des Menschen Sohn?“1
Zitat-Nr: 2475; Quelle: 60; Jeremia 28,1-11
Es ist klar, dass wir hier vor einer der schwersten Fragen der Theologie stehen, vor der Frage: Wer ist Prophet und wer ist nicht Prophet? Wer redet Aussprüche Gottes und wer redet nur Aussprüche des eigenen Herzens? Wie erkennen wir, was Wort Gottes ist und was nicht Wort Gottes ist? Wenn es sich um jene angeblichen Propheten handelte, deren liederliches Leben nichts mit der Heiligkeit Gottes gemein hatte, dann erweckte ihr Weissagen auch im Volke wenig Vertrauen. Sie waren bekannt als das, was sie waren: als Lügenpropheten. Oder wenn jedermann aus dem Schwatzen angeblicher Propheten erkannte, dass diesen Männern die subjektive Wahrhaftigkeit fehlte, so wusste man, dass sie zu jenen schönredenden Männern gehörten, die in ihren schillernden Gottesaussprüchen nicht ernst zu nehmen seien. Amos will überhaupt nicht mehr zur Prophetenzunft gezählt werden, weil in seiner Zeit offenbar ein derart widerliches Prophetentum das öffentliche Leben beherrschte, dass er nichts mit demselben gemein haben wollte.
Zitat-Nr: 2476; Quelle: 60; Jeremia 28,1-11
- Lukas 22,48 [↩]