Erlösung V
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Zwei der inhaltsvollsten und tiefsten Verzweiflungsschreie der Menschheit! Enthält der erstere das schwere Bekenntnis: „Ich elender Mensch!“ so redet der letzte von der unaussprechlichen Erlösungssehnsucht: „Wer wird mich erretten?“ Die Welt vernimmt beide nun nicht aus dem Munde eines gesetzesfrommen Juden: nicht der Mensch, der im Bewusstsein seiner Frömmigkeit der Thora lebt und Gott im Geiste des Bundesgesetzes dient, hat sie der Menschheit gegeben. Sie konnten auch nicht der Ausdruck der griechischen oder römischen Religionsphilosophie sein. Auch diese vermochten ihrem tiefsten Bekenntnis und ihrer letzten Sehnsucht nur einen Inhalt zu geben, den sie aus den Geheimlehren ihrer Kulte und Mysterien gewonnen hatten. Beide Fragen sind jedoch der Notschrei eines Menschen, der das Sein in Christo lebte und daher Gott im bewussten Kindesverhältnis diente. Obgleich der Apostel bereits längst jener neu entstandenen Heilsgemeinschaft, der Christengemeinde in Antiochien oder der sogenannten Nazarenersekte, angehörte, wusste er sich mit eingeschlossen in jenen allgemeinen Sterbeverband, in den auch er mit hineingeboren worden war.
Diese vom Apostel bewusst betonte Verbundenheit mit der gesamten Menschheit, die auch ihm auf Grund seiner Geburt geworden war, drückt er mit dem Worte Mensch aus. Es ist deshalb nicht nur sein eigener Zustand, den er beschreibt. Trotz dieses gefallenen Zustandes sind aber von Gott dennoch alle Völker für die Kindesstellung eines neuen Menschen in Christo berufen … Es ist wohl begreiflich, dass der Apostel sich von diesem Gefühl wie von einem lastenden Alpdruck durch den dankerfüllten Blick auf die selige Gegenwart der in Christus offenbar gewordenen Rettung zu befreien sucht: „Gott sei Dank, er hat´s getan, durch Jesus Christus!“ … Es gehört mit zum Inhalt seines Christusevangeliums, dass es in seinem Zeugnis den Völkern das zu sagen vermag, was letzthin das allertiefste Geheimnis des menschlichen Ringens ist … Ist die Erlösungsfrage völkerumspannend, unendlich größer will die Antwort sein, die Gott aller Welt durch Christus gegeben hat und durchs Evangelium immer neu gibt.
Zitat-Nr: 2752; Quelle: 57; Römer 7,14-25