Sündenerkenntnis beim Heiligen – 30.Mai
„Da sprach ich: Weh mir, ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn ich habe den König, den Herrn Zebaoth, gesehen mit meinen Augen.“[sc:bibelstelle stelle=“Jesaja 6,5“ ]
Das Gewissen wird wohl kaum durch Sündenerkenntnis wachgerüttelt. Solange wir keine Geheiligten sind, begreifen wir bloß, dass wir etwas Böses getan haben. Sünde ist viel mehr als nur ein Akt. Sünde ist eine innere Disposition, und nur ein Heiliger ist in der Lage, Sündenerkenntnis recht zu verstehen. Wenn Gott uns Sündenerkenntnis ohne vorher erfahrene Erlösung durch Christi Sühnetod schenkte, würden wir wohl wahnsinnig. Schrecken würde uns überfallen bei der vom Heiligen Geist gewirkten Sündenerkenntnis und unsrer Überzeugung, Gott könne das niemals vergeben. Das liegt wohl daran, dass uns allen Gottes Wunder der Sündenvergebung fremdgeworden ist, und dass wir so zungenfertig von der „billigen Gnade“ zeugen, wenn wir predigen: „Gott ist ja Liebe. Also wir er uns selbstverständlich die Sünde vergeben.“ Wir vergeben uns selbst mit Leichtigkeit. Eine Weile schämen wir uns und meinen dann: Allwissenheit bedeutet, alles zu vergeben. Allwissenheit bedeutet aber auch die Möglichkeit, nichts zu vergeben. Gott kann nur auf einer Basis vergeben, die tiefer liegt als die Sünde, nämlich auf der Basis der Erlösung. Und die hat eine totale Veränderung des Sünders zur Folge. Gottes Vergebung wäre sonst eine Farce. Der einzige Maßstab für die Vergebung ist der Preis, den sie Gott gekostet hat. Dieser Preis war Golgatha. Es kostete Gott alles, bis seine heilige, göttliche Natur überhaupt in der Lage war zu sagen: „Dir sind deine Sünden vergeben.“1
- Matthäus 9,2; Markus 2,5; Lukas 5,20; 7,48 [↩]